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Pfarrköpfchen (Alte Stromburg)
Stromberg, Landkreis Bad Kreuznach, Soonwald, Hunsrück, Rheinland-Pfalz
Information aus Burgen des Deutschen Mittelalters [1]
Die Burg wurde im 12. Jahrhundert errichtet, die Doppelkapelle ist vielleicht vom Ende des 12. Jahrhunderts. Zerstört wurde sie vielleicht schon Mitte des 13. Jahrhunderts. Der Bergfried ist 12,5 m breit und zur Spitze 11,5 m lang.
Grundriss in: Burgen und Schlösser 1988-II
[1] Friedrich-Wilhelm Krahe - Burgen des Deutschen Mittelalters. Grundriss-Lexikon. Seite 466.
Informationen von einer Tafel an der Ruine
Erst in den 1980er Jahren entdeckt und archäologisch ausgegraben, handelt es sich um eine ohne Um- oder Überbauten erhaltene Burganlage aus der Zeit der Salierkaiser und ist aufgrund des Bautyps sowie der Funde (u. a. Münzen) mit der in Urkunden genannten Stromburg aus dem 11./12. Jahrhundert gleichzusetzen.
Der obere, nördliche Burgbereich ist der ältere Teil der Anlage. Dieser besteht aus einem einzigen großen Gebäude vom Bautyp „Festes Haus“, welches bereits zur Bauzeit mit einer integrierten Spitze zur Angriffsseite abgesichert war. Durch die bis zu 2,50 Meter mächtigen Mauern und die nachträglich korrigierte Spitze (Doppelspitze) hat die Burganlage einen deutlich wehrhaften Charakter.
Hervorzuheben ist die romanische Kapelle, die aufgrund der vier Säulen im Kapellen-Schiff dem Grundriss einer Vierstützen-Doppelkapelle entspricht. Ein Rosetten-Mosaik, das in der Mitte des Kapellen-Schiffes verlegt war, befindet sich heute im Stromberger Heimatmuseum. Das zweite Geschoss der Kapelle war direkt vom oberen Burgbereich zugänglich.
Im unteren Burgbereich befanden sich weitere Gebäude. Da der westliche Bereich der Burg durch Kalkabbau im 19. Jahrhundert zerstört wurde, kann die einstige Größe der Anlage nicht mehr rekonstruiert werden.
Die Burg wurde auf Reichsterritorium errichtet. Durch den stark befestigten Bau und die außerordentlich prachtvolle Kapelle stellt sie für ihre Zeit eine sehr aufwendige Anlage dar und diente als Wohnsitz eines Reichsministerialen, der im Auftrag des Königs bzw. Kaisers den umliegenden Besitz sicherte.
Die Burg wurde bis zum Ende des 12. Jahrhunderts genutzt, dann im Zuge einer Burgen-Verlagerung auf den gegenüberliegenden Schlossberg aufgelassen und bis auf die Grundmauern abgetragen.
In einer Urkunde von 1353 wird die Burgstelle auf dem Pfarrköpfchen als „alte Burg zu Stromberg“ erwähnt.
Die romanische Burgkapelle der alten Stromburg
Die Burgkapelle kann mit den vier massiven quadratischen Säulen im nur ca. 7 m großen Kapellen-Schiff dem besonderen Bautyp der Vierstützen-Doppelkapelle zugeordnet werden. Zur Stütze einer Geschossdecke sind diese nicht notwendig, wohl aber für die übliche Aufteilung der Fläche in 9 Joche (Felder), die auch für die nicht erhaltene Oberkapelle übernommen wurden.
Die beiden übereinanderliegenden eigenständigen Kapellen einer Vierstützen-Doppelkapelle sind durch das offene mittlere Joch räumlich miteinander verbunden. Diese schachtartige Verbindung erhält man auch bei der Burgkapelle der alten Stromburg, wenn man die vier Säulen mit Rundbögen verbindet. Zusätzlich betont wird hier noch das mittlere Joch durch ein Rosetten-Mosaik, auf das man von der Oberkapelle herabschauen konnte. Das Original befindet sich heute im Stromberger Heimatmuseum.
Da das Kapellen-Schiff aus Platzmangel deutlich kleiner ausfällt als es die an der Ostseite angefügte Apsis eigentlich vorgibt, konnte in der unteren Kapelle statt dem üblichen Gratgewölbe nur eine Holzdecke vorhanden gewesen sein. Die dreifach gestuften Ecksäulen und Putzreste lassen jedoch für die Oberkapelle auf ein Gratgewölbe schließen. Die obere Kapelle - die der Herrschaft vorbehaltene "cappella privata" - war auch bei der alten Stromburg aufwendiger gestaltet als die eher kryptenartige untere Kapelle "cappella publica".
In dieser prinzipiellen Aufteilung begründet sich hauptsächlich die herrschaftliche Ausrichtung einer Vierstützen-Doppelkapelle. Sie ist insbesondere für diese Burgstelle sehr bedeutend.
Die Hauptburg der alten Stromburg
Die Hauptburg ist der älteste Teil der Anlage und besteht aus einem großen länglichen Gebäude, das sich über die gratförmige Kuppe des Pfarrköpfchens in west-östlicher Richtung erstreckt. Der westliche Abschluss wurde bereits im 19. Jahrhundert durch einen Steinbruch zerstört, sodass die einstige Größe des jetzt noch 27 Meter langen Baus nur spekulativ rekonstruiert werden kann. Die östliche Angriffsseite schließt mit einer bereits bei Baubeginn integrierten Spitze ab, die durch eine Quermauer turmartig vom restlichen Gebäude abgetrennt ist. Eine nachträglich nach Nordosten angesetzte zweite Spitze weist exakt in die Angriffsrichtung und bot so verbesserten Schutz vor Angriffen.
Die charakteristisch langgestreckte Form und die Grabungsergebnisse zeigen, dass es sich bei dem Gebäude um den Bautyp „Festes Hauses“ handelt, welches zugleich Wohn-, Wehr- sowie Repräsentationszwecken diente und mehrgeschossig war. Sie belegen Pferdehaltung und diverses Handwerk. Reste von Fensterglas weisen unter anderem auf die hohe Stellung und den Reichtum der Burgherren hin. Mit durchgehend über zwei Meter starken Mauern und den beiden modernen Spitzen ist das „Feste Haus“ der alten Stromburg außerordentlich stark befestigt. Zusammen mit der romanischen Burgkapelle zeigt sich die große Bedeutung dieser Anlage, die sich über viele zeitgleiche Burgen heraushebt.